Recruiting in der Pflege Kündigungswelle in Kliniken: Warum gehen Pflegekräfte wirklich?

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Personalabteilungen werden seit Monaten regelmäßig von Kündigungen aus der Pflege heimgesucht. Gibt es einen Weg, sie davon zu überzeugen, zu bleiben? Ein Recruiting-Experte gibt Tipps.

Kündigungen in der Pflege verhindern
Kliniken können Maßnahmen ergreifen um Pflegekräfte im Unternehmen zu halten. – © izzuan (stock.adobe.com)

Das Pflegepersonal leidet nach wie vor unter massiver Überlastung und wird mit leeren Versprechungen vertröstet – das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Kündigungsgründe lassen sich in drei Gruppen unterteilen. So aufgegliedert, wird für Kliniken schnell ersichtlich, was sie ändern können, um freie Pflegefachkraft- und Ärztestellen erfolgreich zu besetzen. Im Folgenden werden die drei Hauptgründe genannt, erläutert und mit entsprechenden Gegenmaßnahmen vorgestellt.

  1. Kombination aus hoher Belastung und fehlender Wertschätzung

    Auf Dauer ist die hohe Arbeitslast für das Pflegepersonal nicht tragbar – das erklärt zweifellos die „Flucht“ aus dem Berufsfeld. Darüber hinaus fehlt es häufig an der nötigen Wertschätzung durch die Führungsetage: Pflegefachkräfte fühlen sich deshalb weder verstanden noch respektiert. Ihre Vorgesetzten sollten demnach ihre Unterstützung ausweiten und beispielsweise ein offenes Ohr für all ihre Kollegen haben. Es ist enorm wichtig, dass Arbeitnehmer stets das Gefühl haben, befreit mit den Führungskräften über all ihre Probleme und Sorgen reden zu können. Ähnlich förderlich ist es, aktiv nach Mitarbeitenden zu suchen.

    Hierfür bietet es sich auch an, examinierte Pflegefachkräfte und Physiotherapeuten aus dem Ausland einzustellen. Einige Kliniken zeigen in diesem Bereich Erfolge – daran sollten sich alle Unternehmen ein Beispiel nehmen: Indem sie in ihren Lösungsansätzen regelmäßig auch Out-of-the-Box-Denken denken, bringen sie auch ihr Unternehmen voran. Gleichzeitig entlasten sie bei Erfolg dieser Maßnahmen das vorhandene Personal. Sind entsprechende Maßnahmen und die damit einhergehenden Bemühungen für alle Beteiligten erkennbar, vermitteln Kliniken damit das Gefühl, dass sie die vorherrschenden Missstände ernst nehmen und an einer Lösung interessiert sind. Dadurch haben bestehende Pflegekräfte auch nicht das Gefühl, dass ihre aktuell inakzeptable Situation von Dauer ist.
  2. Minimale Bezahlung für maximalen Aufwand

    Pflegekräfte arbeiten in ihrem beruflichen Alltag größtenteils direkt am Menschen und sind für eine hochqualitative medizinische Betreuung zuständig. Gerade in Hinblick auf die Verantwortung, die sie damit tagtäglich tragen, wird die geringe Bezahlung erst recht spürbar. Dabei erfordert die medizinische Betreuung von Patienten und Patientinnen nicht nur physisch wie auch psychisch viel Kraft und Ausdauer. Auch generell sind Pflegekräfte aufgrund der oftmals straffen Arbeitszeitpläne und der dauerhaft hohen Arbeitsbelastung einem ständigen Druck ausgesetzt. Gleichzeitig kann eine geringe Bezahlung dafür sorgen, dass sie auch außerhalb ihres Berufes psychisch belastet bleiben. Ein Teufelskreis also, aus dem viele durch Kündigungen ausbrechen wollen.

    Was Pflegekräfte hier also neben einer gefühlten Wertschätzung vom Bleiben überzeugt, ist eine höhere finanzielle Entlohnung. Neben übertariflichen Gehältern sollten Kliniken unbedingt auch dafür sorgen, dass versprochene Bonuszahlungen wirklich bei den Pflegekräften ankommen. Gerade zur Corona-Pandemie, als Pflegekräfte die Prämie mehr als nötig hatten, haben die Medien diesbezüglich viele Fälle enthüllt, in denen das Pflegepersonal leer ausging. Ein noch wichtigerer Lösungsansatz liegt in der Schaffung von nachhaltigen Gehaltsstrukturen und Vergütungsmodellen, die Vollzeit- wie auch Teilzeitkräften entgegenkommen. Denn: In der Pflege arbeiten mehrheitlich Frauen. Sie haben das Bedürfnis nach Flexibilität in der Anstellungsart. Kliniken, die hier nur eingeschränkte Möglichkeiten bieten, riskieren, ihr Personal an die Konkurrenz zu verlieren. Außerdem können Vergütungsmodelle geschaffen werden, die neben dem Gehalt attraktive Benefits enthalten, die Pflegekräften gezielt entgegenkommen
  3. Fehlende Entwicklungs-  und Weiterbildungsmöglichkeiten

    Menschen haben das Bedürfnis, sich stetig weiterzuentwickeln und voranzukommen. Gerade im Bereich der Medizin, in der die Forschung ständig neue Erkenntnisse liefert, ist es wichtig, auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Das wissen auch Pflegekräfte und wollen von ihrem Arbeitgeber unterstützt werden. Kliniken, die also ihre Personalentwicklung ausbauen und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten, stärken die Bindung ihres Personals an das Unternehmen, sodass sie nicht mehr aus der Not heraus neues Personal suchen müssen.

    Neben der verstärkten Mitarbeiterbindung profitieren Arbeitgeber durch Weiterbildungsmaßnahmen auch von den erweiterten Kompetenzen ihrer Pflegekräfte. Daneben ist es förderlich, Mitarbeitende auch in betriebliche Entscheidungen einzubinden: beispielsweise, indem Arbeitgeber Pflegekräfte fragen, wie sie gewisse Entscheidungen aus ihrer Perspektive sehen. Nicht zuletzt schaffen sich Arbeitgeber dadurch ein ganzheitliches Bild des Unternehmens. Dabei ist es wichtig, das Feedback nicht nur aus einer Abteilung einzuholen, sondern die gesamte Belegschaft mit ins Boot zu holen und gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Auch das wiederum zeigt den Mitarbeitenden Wertschätzung und überzeugt sie ein weiteres Mal vom Bleiben.

Employer Branding: Mitarbeiterwertschätzung nach außen tragen

Wie Unternehmen innerbetrieblich handeln und was sie nach außen tragen, wirkt sich unmittelbar darauf aus, wie Bewerbende das Unternehmen wahrnehmen. Deshalb ist ein gutes Employer Branding im Recruiting essentiell. Um Fachkräfte- und Ärztestellen langfristig besetzen zu können, gilt es daher auch für Kliniken, ein nachhaltiges Employer Branding auszubauen, das die Kultur ihres Unternehmens widerspiegelt: Ein wertschätzender Umgang, Kommunikation auf Augenhöhe, gute und nachhaltige Gehaltsstrukturen sowie echte Entwicklungsmöglichkeiten sollten dabei nicht nur nach außen kommuniziert, sondern auch im Betrieb zwischen den Führungskräften und der Belegschaft gelebt werden.

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass Kliniken ein Verständnis dafür aufbauen sollten, wie wichtig es ist, ein ganzheitliches Bild vom Unternehmen zu entwickeln, das sich nach außen hin positiv auswirkt. Grundlegend dafür ist ein Employer Branding, das Pflegefachkräfte nachhaltig begeistert. Wer dabei die oben ausgeführten Maßnahmen berücksichtigt, dem gelingt auch der Weg zum langfristigen Recruiting-Erfolg.

Kontakt zum Autor

Dirk Bachmann, Personalrecruiter und Geschäftsführer der Personalberatung und Karriereplattform „Find your Expert – Medical Recruiting“