Berlin Das sind Deutschlands „Digitale Gesundheitsstädte und -regionen“

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Auszeichnungen & Awards und Digitalisierung

Beim Digitalforum Gesundheit am 5. Mai 2023 zeichnete die Gesundheitsstadt Berlin GmbH zum ersten Mal drei Projekte mit dem Award „Digitale Gesundheitsstädte und -regionen“ aus. Damit rücken v.a. regionale und überregionale Versorgungsangebote und auch die besondere Rolle von Kommunen in der Gesundheitsversorgung in den Fokus.

Digitalforum Gesundheit DIFG 2023 Award 5.5.2023
Digitalforum Gesundheit: Die Gewinner und Gewinnerinnen des Awards Digitale Gesundheitsstädte und -regionen. – © Thomas Kierok

Gesundheitsstadt Berlin e.V. hat mit dem erstmals verliehenen Award „Digitale Gesundheitsstädte und -regionen“ drei Projekte ausgezeichnet: Regionale und überregionale Versorgungsangebote, die Versorgungsabläufe zwischen Leistungserbringern, Krankenkassen und Patienten und Patientinnen verbessern und dabei eine besondere Stärke in der Translation in Versorgungsalltag bzw. in Versorgungsregionen zeigen. Dabei übernimmt die kommunale Ebene eine erkennbar aktive Rolle.

Beteiligt haben sich insgesamt 14 Städte und Regionen, Netzwerke und Verbünde. Eine Jury bestehend aus elf Expertinnen und Experten der Gesundheitswirtschafen hat sich auf Basis eines transparenten Bewertungsrasters für drei gleichrangige Siegerprojekte mit unterschiedlichen Schwerpunkten entschieden.

  • OBERBERG_FAIRsorgt: Das Projekt des Oberbergischen Kreises, das vom Innovationsfonds mit bis zu 11 Millionen Euro Projektvolumen gefördert wird, hat es sich zum Ziel gesetzt, die Versorgung von chronisch kranken und/oder pflegebedürftigen Menschen ab 65 Jahren im Kreisgebiet sektorenübergreifend zu verbessern. Es soll ein längerer und sicherer Verbleib im eigenen Zuhause ermöglicht und nicht notwendige Krankentransporte bzw. Krankenhauseinweisungen vermieden werden. Hierfür kommen verschiedene Bausteine einer modularen Versorgung zum Einsatz, in deren Zentrum ein Pool aus Fall-Managern und -Managerinnen und eine digitale Kommunikationsplattform inklusive Telemonitoring stehen.
  • E-Health basierte, interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie (EB-IMST): Für die Behandlung von Menschen mit chronischen Schmerzen gilt die Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie (IMST) derzeit als die wirksamste Therapieform. Diese erfolgte bislang im (tages-)stationären Setting mit mehrwöchiger klinischer Präsenz. Mit dem auf E-Health basierten Behandlungsprogramm (EB-IMST) gibt es nun am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ein alternatives Behandlungsprogramm, das die Präsenzzeiten von 31 auf insgesamt neun Tage bei einer kontinuierlichen Begleitung über insgesamt 15 Wochen reduziert. Zu den biopsychosozial ausgerichteten Bestandteilen der Behandlung gehören Entspannungsverfahren, körperliche Funktions- und Krafttrainings, Edukationseinheiten und medikamentöse Therapien. Die Abstimmung erfolgt individuell telemedizinisch und via App. Darüber erhält das Behandlungsteam auch Feedback. EB-IMST soll die schmerztherapeutische Versorgung der Bevölkerung in Schleswig-Holstein und v.a. im ländlichen Raum optimeiren. Dazu werden auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte eingebunden.
  • Virtuelles Krankenhaus Saarland: Basis des ist eine technische Datenintegrationsplattform, über die Leistungserbringer Patientendaten austauschen und einsehen können. Ein erster Schritt der technischen Umsetzung erfolgt derzeit mit der Ausschreibung eines gemeinsamen Patientenportals für Krankenhäuser im Saarland. Schrittweise sollen alle medizinischen Leistungserbringer des Saarlandes an die Datenplattform angeschlossen werden – durch eine Anbindung der Informationssysteme über standardisierte Schnittstellen – schnell sowie rechts- und datenschutzkonformen. Der entstehende Datenpool soll auf die Potenziale von KI auch in Bezug auf intersektorale Diagnostikpfade einbeziehen.

Ein Award mit Signalwirkung

„Die Siegerprojekte stehen für einen neuen Trend in der Versorgungslandschaft“, erklärt der Geschäftsführer Gesundheitsstadt Berlin e.V.  Dr. Daniel Dettling. „Intersektoral vernetzt, auf Augenhöhe mit allen Gesundheitsberufen und mit einem hohen Potential an Übertragbarkeit. Die Digitalisierung führt zu spürbaren Verbesserungen der Gesundheitsversorgung im Sinn einer bestmöglichen qualitativen Versorgung sowie einem effizienten Ressourceneinsatz.“

Für Dr. Iris Hauth, Vorsitzende von Gesundheitsstadt Berlin e.V., hat der Award „Digitale Gesundheitsstädte und -regionen“ eine Signalwirkung: „Wir wollen den Wettbewerb im nächsten Jahr fortführen und würden uns freuen, wenn dann auch Städte wie Berlin vorne mit dabei sind.“

Das sagen die Menschen hinter den Siegerprojekten: Ansporn für mehr Miteinander

„Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung. Sie ist für uns eine Anerkennung und zugleich ein Ansporn, den Aufbau von digitalen, zukunftssicheren und qualitativ hochwertigen Versorgungsstrukturen im Saarland weiter voranzutreiben“, erklärt Lars von Ohlen, Zentrum für Informations- und Kommunikationstechnik – ZIK Bereichsleiter Klinische Verfahren am UKS – Universitätsklinikum des Saarlandes. Zum Projekthintergrund erklärt von Ohlen: „Im Gesundheitswesen ist die Notwendigkeit sektorübergreifender Kommunikation lange bekannt und Kern vieler aktueller Bestrebungen. Durch das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) ergab sich die einmalige Chance, die Fördermittel in den Projekten zum Patientenportal so zu kombinieren und weiter zu entwickeln, dass wir die Kommunikation nicht nur zum Patienten erheblich verbessern, sondern eine neue gemeinsame Basis für alle Leistungserbringer erschaffen. Im Rahmen der Förderrichtlinien haben wir mit einer sehr effizienten Mittelnutzung die bestmögliche Interoperabilität erzielt.“

Auch am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ist die Freude über den Award groß: „Der Award zeigt uns, dass wir mit EB-IMST auf dem richtigen Weg sind. Das motiviert uns, das Programm weiter zu entwickeln und auf eine Finanzierung dieser Versorgungsform hinzuwirken“, erklärt Prof. Dr. Carla Nau, Direktorin Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin. „Übrigens wird EB-IMST nicht nur von unseren Patientinnen und Patienten gut angenommen. Auch für die beteiligten Therapeutinnen und Therapeuten entsteht ein großer Mehrwert durch die Möglichkeit, Therapien aus dem Homeoffice zu begleiten.“ Das Erreichen der Behandlungsziele der EB-IMST, die Verbesserung der Lebensqualität und die Reduktion schmerzbedingter Beeinträchtigungen sei sinnstiftend und schaffe eine hohe Zufriedenheit bei allen Beteiligten. Auf die Frage nach Hürden des Projektes erklärt Nau gegenüber HCM: „Hürden ergeben sich v.a. daraus, dass solche Therapieformen noch nicht im EBM aufgenommen sind und daher nicht finanziert werden können. Glücklicherweise fördert das Land Schleswig-Holstein derzeit Teile der Programms über den Versorgungssicherungsfonds.“

Dr. Jessica Moeltgen, Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreis, erklärt die Motivation zum Projekt OBERBERG.FAIRversorgt so: „Die ärztliche und auch pflegerische Versorgung auf dem Land wird immer schwieriger. Wir haben aktuell im Kreisgebiet, das übrigens die Fläche Berlins hat, über 20 Hausarztsitze nicht besetzt. Dazu ist ja bekannt, dass die Sektorengrenzen problematisch sind. Wir haben deshalb nach einer Lösung gesucht, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und Zuwendung und Zusammenarbeit im Interesse der älteren/vulnerablen Menschen mit gesundheitlichen Problemen sektorenübergreifend organisiert. Dies ist im Rahmen einer modernen Versorgung natürlich mit Digitalisierung zu denken und vor allem auch mit Telemedizin.“ Für den Kreis habe der Award eine große Bedeutung: „Zum einen sorgen solche Auszeichnungen immer für Sichtbarkeit, was für uns gerade in Richtung einer Verstetigung bzw. eines Anschlussprojektes außerordentlich wichtig ist. Zum anderen fokussiert besonders dieser Award auf den regionalen sowie kommunalen Aspekt der Gesundheitsversorgung. Das ist ja genau das was wir auch möchten: Zeigen, dass man als Landkreis mit Erfahrung auf diesem Gebiet die Versorgung zusammen mit Medizin und Pflege verbessern kann und will.“ Moeltgen bringt gegenüber HCM auf den Punkt, was alle Personen hinter den Siegerprojekten eint: „Es geht um ein Miteinander.“

Einblicke ins Digitalforum Gesundheit

In der kommenden Ausgabe von HCM gibt es exklusive Learnings aus dem Digitalforum Gesundheit am 5. Mai 2023 in Berlin.

Alle Infos zu den vergangenen Events stehen unter www.digitalforum-gesundheit.de zur Verfügung.